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Die Personen - und Güterwagen der Breitspurepoche
Das einheitliche Untergestell der bad. Wagen bestand aus zwei Längs- und vier Querträgern und war anfangs komplett aus Eichen- und Eschenholz, wobei bei der Konstruktion insbesondere Wert auf eine
tiefe Schwerpunktlage gelegt wurde. Die Anordnung aus Längs- und Querträgern war zusätzlich diagonal verspannt. Die Räder waren nach dem “Boschischen System” hergestellt: Radreifen und Nabe waren dabei
aus Gusseisen, die Speichen aus Schmiedeeisen, die in 8 Kreissegmenten radial angeordnet waren. Die Nabe wurde eingegossen, der Radreifen anschließend aufgschrumpft und auf der Achse abgedreht. Die Achslager waren
abgefedert, die Federn aus englischem Federstahl konnten nachgespannt werden.
Die Wagenkasten der ersten Personenwagen hatten ihr Vorbild in dem damals einzigen verfügbaren Landverkehrsmittel, den
Postkutschen, gefunden. Der Komfort korrelierte mit dem Fahrpreis und es gab insgesamt vier verschiedene Klassen. So wurden für die Fahrt von Heidelberg nach Mannheim im Jahre 1841 pro Person folgende Fahrpreise
erhoben (die 4. Klasse wurde erst 1843 eingeführt):
48,00 Kreuzer in der 1. Klasse
30,00 Kreuzer in der 2. Klasse
18,00 Kreuzer in der 3. Klasse
19,36 Kreuzer (Durchschnittspreis pro Person auf dieser Strecke)
Für das Jahr 1849 wurde folgende prozentuale Aufteilung auf die verschiedenen Wagenklasse festgehalten:
- 1. Klasse: 1,14%
- 2. Klasse: 18,02%
- 3. Klasse: 37,68%
- 4. Klasse: 43,16%
Die ersten Wagen wurden 1840 von Panwels, Comp. und Talbot in Aachen geliefert. Ab 1841 baute Emil Kessler die ersten Wagen in Karlsruhe.
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Konstruktion der Wagenfahrwerke aus Eichen- und Eschenholz.
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Details der Wagenfahrwerke: Räder, Achslager und Abfederung. Puffer und Kupplung waren über eine gemeinsame Blattfeder abgefedert.
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In den “Nachweisungen über den Betrieb der Großherzoglich Badischen Eisenbahn” wurden die in der nachfolgenden Tabelle aufgelisteten Bestände an Wagen und Lokomotiven für den Zeitraum von
1841 bis zur Umspurung ausgewiesen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass mitunter die Bezeichnung der Wagengruppe wechselt. Dort finden wir auch eine ausführliche Beschreibung hinsichtlich der Ausstattung der
einzelnem Wagen (1841, 1844). Pro Zug waren 1841 durchschnittlich 6,64 Wagen angehängt.
Ursprünglich wurden sowohl Personen- als auch Güterwagen in Baden als Transportwagen bezeichnet. Spätesten 1854 waren
alle Stehwagen (Wagen der 4. Klasse) in Wagen der 3. Klasse oder in Güterwagen umgebaut. Vieh-, Pferde- und Pritschenwagen wurden teilweise als Equipagenwagen geführt. Die Gruppe “Postwagen” beinhaltet
sowohl Briefpost- als auch Postpackwagen. Die Großherzoglichen Galawagen sind in der Gruppe “1. Cl. Wagen” enthalten.
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Wagen und Lokomotivbestände zwischen 1841 und 1856. Lagen einzelne Jahresnachweise nicht vor,
wurden die Angaben summarisch aus dem “Jahresbericht über die Eisenbahnen und die Dampfschifffahrt im Großherzogthum Baden” für das Jahr 1978 entnommen. Hierin ist eine Komplettübersicht der
Fahrzeugbestände für die Jahre 1840 bis 1878 enthalten.
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Nachfolgend eine Kurzbeschreibung der einzelnen Klassen:
Die vierte Klasse
war in Baden weitgehend auf den Lokal- und Traglastenverkehr im Zeitraum von 1843 bis 1853 beschränkt. Die dafür vorgesehenen Wagen waren oben offene Stehwagen mit zwei Querwänden als Stabilisatoren. Die Wagen konnten bei Bedarf in Wagen der 3. Klasse umgebaut werden.
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Die Wagen der dritten Klasse
waren oben geschlossen und hatten sieben einfache Holzbänke, die seitlichen Öffnungen konnten mit Vorhängen verschlossen werden. Sie waren teilweise mit einer einfachen, einseitigen Bremse versehen, die vom Wageninneren aus betätigt werden konnte. Die Wagen hatten einen Achsstand von 2,25 m und Sitzplätze für 36 Personen. Auf jeder Wagenseite waren drei Türen vorhanden. Die Wagen waren grün lackiert.
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1:10 Modell eines Reisezugwagens 3. Klasse, VMKa (Verkehrsmuseum Karlsruhe). Die Modelle sind eine Leihgabe des KIT (Karlsruher Institut für Technologie, vormals Universität Karlsruhe)
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Die Wagen der zweiten Klasse
hatten in der Regel drei Abteile mit gepolsterten Sitzen (Roßhaar) für 32 Fahrgäste. Die Fenster konnten anfangs nur mit Vorhängen aus Leinen verschlossen werden, später wurden die Fenster verglast. Auf dem Dach waren außerdem (wie bei denen der 1. Klasse) vier Sitzbänke für je 2 Personen angebracht. Bei Benutzung dieser war nur der Fahrpreis für die 3. Klasse zu entrichten. Die Wagen hatten einen Achsstand von 2,25 m. Die Wagen waren gelb lackiert und die Anschriften 2. Cl und BE (Badische Eisenbahn) waren seitlich angebracht.
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1:10 Modell eines Reisezugwagens 2. Klasse, VMKa
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1:10 Modell eines Reisezugwagens 2. Klasse, Unterseite, VMKa. Dem Wagen fehlen die Diagonalstreben.
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Die Wagen der ersten Klasse
(Berlines) hatten ebenfalls drei Abteile mit gepolsterten Sitzen für 24 Fahrgäste. Gepolsterte Kopf- und Armlehnen, herabzulassende Glasfenster, wollener Teppich auf dem Boden und eine mit Wachstuch überzogene Decke waren Ausstattungsmerkmale dieser Wagen. Auf den Dach waren außerdem vier Sitze angebracht. Die Wagen hatten einen Achsstand von 1,8 m, waren gelb lackiert und hatten beidseitig die Anschriften 1. Cl und BE (Badische Eisenbahn).
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1:10 Modell eines Reisezugwagens der 1. Klasse, VMKa
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Zusätzlich gab es Wagen der gemischten ersten und zweiten Klasse.
Die Wagen hatten ein Abteil der 1. Klasse und zwei Abteile der 2. Klasse. Die Ausstattungen der jeweiligen Abteile entsprachen denen der oben beschriebenen Wagen mit einheitlicher Klassenausführung.
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Wagen der gemischten 1./2. Wagenklasse
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Eine Vollendung des damaligen Reisekomforts bot der Großherzogliche Salonwagen, eine überdimensionierte Postkutsche auf Schienen mit luxuriöser Innenausstattung. Der Wagen hatte zwei
getrennten Abteile für Bedienstete und Toilette. Das Hauptabteil hatte ein der Klientel angepasstes Inventar: Ein großes und vier kleine Sofas, dazwischen ein Mahagonitisch, Die Wände waren in Mahagoni
getäfelt, dazu ein ausladender Spiegel. Weitere Ausstattungsmerkmale waren vergoldetes Schnitzwerk und versilberte Türgriffe. Der Wagen hatte eine ultramarine Lackierung und auf beiden mittleren Eingangstüren das
großherzogliche Wappen. Auf beiden Wagenseiten waren jeweils vier plattierte Laternen angebracht.
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Großherzoglicher Galawagen (Salonwagen). Das Fahrwerk entsprach denen der oben besprochenen Wagen, abweichend war nur die Form der Speichen.
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Großherzoglicher Galawagen mit getrennten Abteilen für Bedienstete und Toilette. Angepasstes Inventar: Ein großes, vier kleine Sofas, Mahagonitisch, Spiegel, Mahagoni Täfelung und vergoldetes
Schnitzwerk. Außerdem versilberte Türgriffe und plattierte Laternen beidseitig. Ultramarine Lackierung und großherzogliches Wappen beidseitig.
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Weitere Wagen dieser ersten Epoche waren
- Gemischte 2. und 3. Klassewagen (ab 1854)
- Briefpost- und Postgepäckwagen (ab 1854)
- Reisegepäckwagen
- Transportwagen für Equipagen und Schlachtvieh
- Gedeckter Güterwagen
- Offene Güterwagen
- Transportwagen für Pferde
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1:10 Modell eines Reisezuggepäckwagens, VMKa
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1:10 Modell eines Equipagenwagens, VMKa
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1:10 Modell eines Pferdetransportwagens, VMKa
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